Othello

Othello by Reclam Page B

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Authors: Reclam
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do suspect the lustful Moor
    Hath leap’d into my seat, the thought whereof
    Doth like a poisonous mineral gnaw my inwards,
    And nothing can, nor shall content my soul,
    Till I am even with him, wife, for wife« (II,1, 292–296).
    Iago hat inzwischen vergessen, dass dieses Motiv ursprünglich nur ein willkommener Einfall war und ihm eine vordergründige Motivation für seinen Hass lieferte. Aus dem ›bloßen‹, nicht ernstgenommenen Verdacht ist nunmehr eine quälende Besessenheit geworden, die ihm den Weg der Rache zwingend vorschreibt. Iago ist somit nicht einfach der rational-zynische, alles kaltblütig ­planende und ausführende Bösewicht, als der er vor allem in der älteren Kritik dargestellt wird, sondern ein aus­gesprochen schizoider Charakter. Er lebt in zwei Welten, der von ihm objektiv wahrgenommenen realen Umwelt und in einer von ihm selbst gestalteten illusorisch-thea­tralischen Welt, in die hinein er nicht nur andere dank ­seiner suggestiven Fähigkeiten zu zerren vermag. Auch er wird Opfer seiner Suggestion: Iago als Selbst-Verführer.
    In Cinthios Novelle ist ein eifersüchtiges Verlangen nach Desdemona der Grund, der das Vorgehen des Fähnrichs zunächst bestimmt. Wenn wir der großen Mehrheit der Kritiker folgen, so scheidet dieses Motiv für Shakespeares Fähnrich Iago völlig aus. Bei genauerer Betrachtung seiner eigenen Aussagen erweist sich jedoch, dass Cinthios Geschichte nicht so sehr verändert als vielmehr erweitert worden ist. Wiederum ist es die Form der Aussage, die uns eine besondere Aufmerksamkeit abverlangt. In einem längeren assoziativen Monolog am Ende der ersten Szene von Akt II stellt Iago die erotischen Beziehungen zwischen den Hauptfiguren dar. Cassio, so glaubt er, liebt Desdemona; der Mohr wird sich als treuer Gemahl erweisen. Iago fährt dann fort:
    Â»[…] now I do love her too,
    Not out of absolute lust, (though peradventure
    I stand accountant for as great a sin)
    But partly led to diet my revenge« (II,1,288–291).
    Wieder sind es die Übergänge zwischen den von Iago ­vorgetragenen Äußerungen, die uns als besonders signi­fikant erscheinen. Iago argumentiert nicht mit logischer Konsequenz, sondern assoziativ improvisierend. Der ­Ausspruch »now I do love her too« will uns gerade deshalb als echte Selbstentlarvung erscheinen, weil er von schwachen, zusammenhanglosen Begründungen gefolgt wird. Die Kommata und die eine gedankliche Parenthese anzeigenden Klammern sind Indiz für Iagos Oszillieren zwischen einem Selbstentlarvungsdrang und abschwächend-verdeckenden Begründungen: Iago als frustrierter Liebhaber. Weitere Belege für seine Liebe zu Desdemona lassen sich unschwer in dem geistreichen Dialog dieser beiden Figuren zu Beginn eben dieser Szene finden. Iagos Antworten sind durchweg mit sexuellen Konnotationen befrachtet. Desdemona nennt ihn abschließend Cassio gegenüber »a most profane and liberal counsellor« (II,1,163 f.). Iagos obszöne Zweideutigkeiten werden daraufhin von Cassio als die einfache Sprache des Ungebildeten entschuldigt. Ob Iago diese Kränkung hört, wissen wir nicht, denn er ist mittlerweile mit etwas anderem beschäftigt. Hasserfüllt beobachtet und kommentiert er die zwischen Cassio und Desdemona ausgetauschten Höflichkeiten. Seine Eifersucht lässt ihn zunächst nur an Rache denken, womit wir erneut an Cinthios Novelle erinnert werden. Dann jedoch gelangen Elemente seines von einer brutalen Sexualität geprägten Unterbewusstseins an die Oberfläche. Es ist bezeichnend für das Ausmaß seiner sexuellen Erregung, dass er die durch Othellos Auftritt unterbrochene sexuelle Thematik im Beisein Roderigos wieder aufnimmt. Hier argumentiert er zunächst mit sexualpsychologischer Nüchternheit, steigert sich dann jedoch zu neurotischen Zwangs­vorstellungen, um sich schließlich mit Abscheu davon zu

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