Erotisches Kapital: Das Geheimnis erfolgreicher Menschen
im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts stetig um etwa 6 Prozent pro Jahrzehnt gehoben hat, steigt auch das Niveau an physischer Attraktivität mit der Zeit allmählich an. Beides hat vermutlich in irgendeiner Weise miteinander zu tun, so ähnlich wie Körpergröße mit kognitiven Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen |11| verknüpft ist. 2 Lässt erotisches Kapital sich überhaupt so messen, wie man Intelligenzquotienten und Körpergrößen misst? Was ist wichtiger: physische Attraktivität oder soziale Anziehungskraft?
    Erotisches Kapital scheint als Konzept so dermaßen naheliegend, dass man sich fragen muss, warum es bisher nie besondere Erwähnung gefunden hat. Meine These im ersten Teil lautet, dass das Zusammenspiel aus Begehren und Begehrtwerden dafür gesorgt hat, dass Frauen durch die Bank benachteiligt werden. Erotisches Kapital spielt eine besonders wichtige Rolle dort, wo es um männliches und – wenn auch weniger ausgeprägt aggressiv – weibliches Verlangen geht. Die Debatten um erotisches Kapital und seinen Wert sind grundsätzlich durch das Verlangen und die sexuellen Bedürfnisse von Männern beeinflusst. Männer waren schon immer notorisch unwillig, solches zuzugeben, könnten Frauen ihre »Schwäche« doch ausnutzen. Das erotische Kapital von Frauen gerät damit zwischen die Mühlsteine von männlichem Sexdefizit und männlichem Ego und der Rhetorik von Machtkämpfen zwischen Männern und Frauen. Die moderne Geschlechterpolitik ist gekennzeichnet von einer konsequenten Missachtung der Kostbarkeit von erotischem Kapital und weiblicher Sexualität im Privatleben.
    Feministinnen behaupten hartnäckig, es sei ein Mythos, dass Männer ein stärkeres sexuelles Verlangen hätten, und diene lediglich als Ausrede für schlechtes Betragen. Sie sind nicht davon abzubringen, dass auf dem Gebiet der Sexualität genau wie in allen anderen Bereichen der Gesellschaft keinerlei Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen. In Kapitel 2 nehme ich mir die Beweislage hierzu ausführlich vor und beleuchte die Konsequenzen eines unterschiedlich starken Verlangens bei Männern und Frauen mit Blick auf den Marktwert von erotischem Kapital. Ich möchte untersuchen, welchen Einfluss dieser allgegenwärtige Unterschied auf die Bewertung von erotischem Kapital hat und warum sein Wert so konsequent heruntergespielt wird. Ich bin der Ansicht, dass das unterschiedlich stark ausgeprägte Begehren bei Mann und Frau – aus dem letztlich das erwächst, was ich als männliches Sexdefizit bezeichne – ein universelles Phänomen ist, und um diese Aussage zu rechtfertigen, werde ich Ergebnisse |12| von Umfragen aus aller Welt vorstellen. Es ist unerlässlich, dieses bisher von Sozialwissenschaftlern großenteils übergangene Phänomen als neues soziales Faktum zu etablieren und der Frage nachzugehen, welchen Einfluss es auf Beziehungen zwischen Männern und Frauen in Privatleben und Öffentlichkeit hat.
    Da der potenzielle Gewinn von sozialem Kapital so hoch ist, müssen wir fragen, wie es kommt, dass dieser persönliche Aktivposten bisher nicht explizit anerkannt wird. Ich bin, wie ich in Kapitel 3 zeigen werde, der Ansicht, dass patriarchalische Ideenlehren das weibliche erotische Kapital systematisch heruntergespielt haben, um Frauen daran zu hindern, dieses auf Kosten von Männern gewinnbringend einzusetzen. Da Frauen generell über mehr erotisches Kapital verfügen als Männer, leugnen Männer dessen Existenz und Wert und haben getan, was in ihrer Macht stand, um dafür zu sorgen, dass Frauen von ihrem relativen Vorteil nicht auf legitime Weise profitieren können. Unglücklicherweise zementieren radikale Feministinnen unserer Tage die »moralischen« patriarchalischen Einwände dagegen, dass Frauen mit ihrem erotischen Kapital wuchern. Ein Großteil der modernen feministischen Literatur tönt in Resonanz zu männlich-chauvinistischen Standpunkten und pflegt deren Verachtung für Schönheit und Sex-Appeal bei Frauen weiter. Die

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